Ein Graf Timo von Prozelten, der für 1127 und 1144 als Vogt des Kollegiatstifts Aschaffenburg belegt ist, war nach neuen Forschungen ein Angehöriger der Grafen von Henneberg, ein Sohn des Würzburger Hochstiftsvogtes und Burggrafen Gotebold II. von Henneberg. Damit ergibt sich in Verbindung mit weiteren Erkenntnissen, dass Timos Wohnsitzbezeichnung auf die Vorgängerin der als „Henneburg“ bekannten Burg über Stadtprozelten zu beziehen ist. Deren Ursprünge sind einem der beiden Henneberger zuzuschreiben.
Wie rekonstruiert werden konnte, kamen hennebergische Besitzungen am Untermain unter Kaiser Friedrich Barbarossa – wahrscheinlich ab 1156 – an die Reichsschenken von Schüpf (Oberschüpf bei Boxberg). Sie nannten sich in den 1180er Jahren nach der Klingenburg und dem nicht mehr existenten Ort Wallhausen (bei Miltenberg). Ihnen ist auch die Burg Kollenberg zuzurechnen, in deren ursprünglicher Bezeichnung Kolbenberg sich der vom Streitkolben, einer Hiebwaffe, abgeleitete Beiname Kolbo der Schüpf widerspiegelt.
Erhaltene romanische Bestandteile der Burg Prozelten/Henneburg, darunter der östliche Bergfried, gehen auf 1220/30 begonnene Baumaßnahmen der Reichsschenken von Klingenburg zurück. Urkundlich erwähnt wird die Burg erstmals 1253. In den folgenden Jahren wird Schenk Walther von Klingenburg als „Schenk von Prozelten“ bezeichnet. Er hatte demnach auf der Prozeltener Burg seinen Wohnsitz. 1274 waren die teilweise noch minderjährigen Nachkommen Walthers gezwungen, die Burg samt Zugehörungen an die Grafen von Wertheim und Edelherren von Hanau zu verkaufen. Das architektonische Erscheinungsbild der Burg des 13. Jahrhunderts ist infolge späterer Ausbaumaßnahmen kaum noch zu rekonstruieren.
Dem 1320 erfolgten Erwerb durch den Deutschen Orden folgte ein überraschend aufwändiger Ausbau der Burg, über dessen konkrete Zweckbestimmung bisher nichts bekannt ist. Es entstanden ein zweiter Bergfried, eine Schildmauer sowie zwei langgestreckte Palas- bzw. Wohnbaukomplexe. Hiervon ist der feldseitige Wohnbau noch gut erhalten. Im fortgeschrittenen 15. Jahrhundert wurde ein zusätzlicher Mauerring mit zahlreichen Türmen zur Verteidigung mit/gegen Feuerwaffen angelegt. Nachdem 1483 Prozelten auf dem Tauschwege an Kurmainz gefallen war, wurde seitens des Erzstiftes die Bausubstanz nur noch erhalten, jedoch nicht mehr erweitert. Im Laufe des 17. Jahrhunderts muss die Burg allmählich zur Ruine geworden sein. Seit dem 19. Jahrhundert bemüht sich der bayerische Staat um ihre Erhaltung.
Von der Burg der Reichsschenken sind außer dem Bergfried aus Buckelquadern, der im Inneren ungewöhnlicherweise wohnlich eingerichtet ist, nur ein verwittertes romanisches Fenster und das abgestufte Burgtor erhalten. Letzteres gleicht jenem der Burg Wildenberg. Die übrige Wohnbebauung entstand erst nach 1320 durch den Deutschen Orden. Die beiden Bergfriede sind begehbar. Besonders eindrucksvoll sind die äußeren Verteidigungsanlagen mit unterschiedlich geformten Schießscharten für Feuerwaffen. An der Feldseite existiert ein interessanter unterirdischer Wehrgang (begehbar) mit Schießscharten, der die dortigen Türme der äußeren Ringmauer miteinander verbindet. Die an die Burg anschließenden Flügelmauern der Stadtmauer sind heute kaum noch erkennbar.