Rekonstruktion der Bacheburg um 1420

Der Tag erwacht über der Mömling: Wiesen, Weiden und Ackerflächen prägten das Bild des Tals im Bereich der Bacheburg und des Neustädter Hofs. Blickrichtung: Nordwest.
Bearbeitung: Archaeologica GmbH, Seevetal.
Der Anblick der Bacheburg aus Richtung Obernburg/Eisenbach kommend, im Hintergrund der Neustädter Hof. Blickrichtung: Westnordwest.
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Das Hauptgebäude dominierte die Anlage wie eine Art Wohnturm. Blickrichtung: West.

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Der Zugang zur Bacheburg erfolgte vermutlich über eine schmale Holzbrücke. Im Hintergrund die Pfarrkirche des Neustädter Hofs. Blickrichtung: West.
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Aus Osten wirft die Morgensonne die ersten Strahlen auf die nordöstliche Eingangsseite der Bacheburg, im Hintergrund der Neustädter Hof. Blickrichtung: Südsüdwest.
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Die Talniederung im Umfeld der Bacheburg und des Neustädter Hofs (im Hintergrund) wurde landwirtschaftlich genutzt. Blickrichtung: Süd.
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Von der zum Neustädter Hof führenden Straße muss ein Weg zur Bacheburg abgezweigt haben. Heute verläuft hier ein Radweg. Blickrichtung: Südsüdost.
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Die Abendsonne wirft lange Schatten auf Bacheburg und Neustädter Hof. Blickrichtung: Südsüdost.

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Über das Hauptgebäude hinaus stand in der kompakten Wehranlage nicht viel Platz zur Verfügung.

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Blick vom Hauptgebäude der Bacheburg hinüber zum Neustädter Hof im Westen.

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Die Talniederung der Mömling mit dem Neustädter Hof und seiner Pfarrkirche im Vordergrund, dahinter die Bacheburg. Blickrichtung: Nordost.
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Abendstimmung im Mömlingtal. Blickrichtung: Nordost.

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Die Bacheburg im Abendlicht, vom Neustädter Hof aus gesehen. Blickrichtung: Ost.

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Blick von der Kirche des Neustädter Hofs nach Nordosten zur Bacheburg.

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Dieses Modell ist veröffentlicht auf Sketchfab.

 

Zum Hintergrund der Rekonstruktion

„RoemerCastell“ und „Römerbau“: So ist die Ruine der Bacheburg in der bayerischen Uraufnahme von 1844 bezeichnet. Diese Einschätzung ist wohl kaum von Historikern oder Archäologen aufgestellt worden, sondern von den königlichen Kartografen. Sie zeigt, wie wenig bereits damals von der Bausubstanz der Anlage erhalten gewesen sein muss.

Seither hat sich zum Glück einiges getan: Dietrich Röder sah in dem Gemäuer erstmals die Reste einer mittelalterlichen Niederungsburg und veröffentlichte 1959 einen Artikel samt Rekonstruktionszeichnung der Nordwest-Ansicht. Damit lenkte er die Forschung in die richtige Richtung. Schließlich gelang es Wolfgang Hartmann 1986, ihre Überreste als die kurz vor 1404 errichtete Burg der Ritter Jorg, Henne und Syfried Bache zu identifizieren. Der Standort ihrer aus Schriftquellen bekannten Befestigung war bis dahin nicht klar gewesen. Obwohl nun Dokumente vorlagen, die auch Informationen zu baulichen Details enthielten, wurde die fast 30 Jahre alte Rekonstruktion nur leicht überarbeitet. Das lag sicherlich auch daran, dass Röder die vorhandenen Mauern sehr treffend als Festes Haus deutete, also als einen kompakten Wehrbau, der im Wesentlichen aus nur einem einzigen größeren Gebäude bestand.

Weitere gut 30 Jahre später war es jedoch höchste Zeit für eine Neuauflage der Rekonstruktionsskizzen. Angesichts des zugewucherten und unbeachteten Daseins sollte dem Mauerstumpf unter anderem mit den Möglichkeiten digitaler Methoden wieder eine angemessene Beachtung zuteil werden. Bei der Gelegenheit wurden in Kooperation mit den Forschern Wolfgang Hartmann und Thomas Steinmetz die Schwachstellen der bisherigen Rekonstruktion überarbeitet. Sie hat nun eine Gestalt bekommen, die vergleichbaren erhaltenen Anlagen ein ganzes Stück näher kommt. Die Quellenlage ist allerdings bei weitem nicht ausreichend, um die Bacheburg in allen Facetten detailliert rekonstruieren zu können. Die geringen Reste vor Ort geben lediglich über die groben Dimensionen, über Mauerstärken und die Torsituation Aufschluss, die wenigen Schriftquellen nur über einzelne Bauteile und Konstruktionsdetails. Das von der Firma Archaeologica umgesetzte 3D-Modell setzt sich somit aus einzelnen Elementen, die hauptsächlich anhand von zeitgleichen Gebäuden und Bildquellen recherchiert wurden, zusammen. Darin finden sich die wenigen direkten Erkenntnisse zum Aussehen der Bacheburg selbstverständlich wieder. Die Auswahl und Zusammenstellung dieser Einzelelemente bleibt jedoch nach wie vor spekulativ und ein Produkt von Kenntnisstand, Erfahrung und Phantasie der Beteiligten. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Darstellungen nicht die historische Realität wiedergeben. Rekonstruktionen können generell immer nur eine Annäherung an diese sein.

„So könnte es ausgesehen haben.“

In Bezug auf das konkrete Aussehen der Bacheburg existieren große Unsicherheiten und Wissenslücken. Beispielsweise sind weder Grundfläche noch Höhe des Hauptgebäudes unbekannt. Auf Detailansichten der Niederungsburg wurde deshalb verzichtet und stattdessen die umgebende Kulturlandschaft mit dargestellt. Der Blick soll dadurch nicht allein auf dem Bauwerk fokussiert bleiben, sondern auch auf dessen Lage in der landwirtschaftlich genutzten Flussniederung und auf die Beziehung zu der nur 150 Meter entfernten Siedlung Neustädter Hof gelenkt werden. Diese stellt ein Herrschaftszentrum der Bache, die sich nach ihr “von Neustatt” nannten, dar. In Anbetracht der einst hier bestehenden, bis in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts zurückverfolgbaren Kirche bildet sie wohl auch einen Ausgangspunkt der Pfarrorganisation im unteren Mümlingtal. Mit einem heute überbauten Turmhügel in nächster Nähe, dem “Schneirersbuckel”, ist außerdem eine Vorgängeranlage bekannt, die der Bacheburg eine gewisse Standortkontinuität verleiht, wenn auch offen bleiben muss, wie weit diese zurückreicht.

 

Detailinformationen zur Rekonstruktion

Grundriss

  • Grobmaße (Mauerlängen, -verläufe und -stärken) nach erhaltenen Mauerresten und Röder 1959
  • Binnenmauern spekulativ, ohne konkrete Nachweise
  • Mauerstruktur: Eckverbände nach erhaltenem Rest der Nordecke, Fundamentsockel ebenfalls erhalten, Putz nach Vergleichen

Toranlage

  • Position und Dimension nach erhaltenem Baubestand; Spitzbogen spekulativ; Türlaibungsprofil stellenweise erhalten
  • Typus Einflügeltür aufgrund inwändigen Laufkanals für Verschlussbalken (s. Röders Bestandsaufnahme; keine Angelsteine erhalten)
  • Türblatt (genietete Holzbohlen) spekulativ, nach Vergleichen
  • Wappenstein nach Hartmann 1986 positioniert; Wappenstein im Original erhalten (heute an der Rückseite des Obernburger Rathauses angebracht)

Hauptgebäude

  • Position und Grundfläche spekulativ, im Projektverlauf größter Diskussionspunkt
  • langrechteckige Dimension (ca. 13 m auf 7 m) bietet beste Flächennutzung durch großes, hallenartiges Untergeschoss und kleinen, schlauchförmigen Hof; mit Baubestand und Schriftquellen (Ringmauer und Wehrgang) vereinbar
  • Ausschluss anderer Varianten:
    • Typus eines zentralen, nahezu quadratischen Turms mit vollständig umlaufender Ringmauer: ähnlich Burg Mole bei Heimbuchenthal; bei geringer Gesamtfläche von ca. 13 m x 14 m unmöglich
    • Typus quadratischer Turm in Eckposition: schmaler L-förmiger Hof wäre kaum nutzbar; problematische Gestaltung eines Treppenaufgangs zur Ringmauer (über Eck)
    • Typus „Weiherhaus“; ähnlich Topplerschlösschen bei Rothenburg ob der Tauber 1388; Gesamtfläche hierfür sehr groß; Ringmauer und Wehrgang (wie in Schriftquelle nachgewiesen) sind nicht umsetzbar
  • Geschossaufteilung (zwei steinerne Untergeschosse mit Lichtschlitzen/Schießscharten und zwei Fachwerkobergeschosse plus Dachgeschoss) anhand Vergleichsbeispielen (z.B. Topplerschlösschen)
  • Fachwerk nach Vergleich (Bandhaus in Lohr am Main, heute Tourist-Info, Schlossplatz 5, dendrodatiert 1415)

Wehrgang

  • Existenz durch Schriftquelle nachgewiesen („müren“ mit „hultzen helm“)
  • Bauweise spekulativ, ohne konkrete Nachweise vor Ort; Rekonstruktion in Blockbauweise nach Bildquellen (v.a. Kriegsbuch König Albrechts II. um 1430 und Wehrkirche Großrückerswalde 15. Jh.) und erhaltenen Objekten (z.B. Wehrkirche Lauterbach um 1500); Ausschluss von Fachwerkbauweise spekulativ; Hintergedanke: Demonstration des breiten Spektrums mittelalterlicher Holzbautechniken anhand der im Vergleich zu Fachwerk im allgemeinen Bewusstsein deutlich weniger präsenten Blockbauweise

Wassergraben

  • Grundfläche nach Uraufnahme 1844; durch erhaltene Geländesenke im Osten und Süden sowie leichte Bewuchsmerkmale in Luftbildern 2013 und 2019 gestützt
  • Uferrand nach Bildquellenvergleich (z.B. Monatsbild Juni von Hans Wertinger 1516/25)
  • Zu- und Ablauf spekulativ
  • Brücke nach Bildquellenvergleich (z.B. Burg Beersel)

Kulturlandschaft

  • Landwirtschaftliche Nutzung der Flussniederung im Umfeld der Bacheburg bzw. des Neustädterhofs im frühen 18. Jh. durch Karten nachgewiesen; hierin besonders gut erkennbar der im Westen zurücktretende Waldrand sowie die Grenze zwischen den Weiden/Wiesen entlang der Mömling und den Ackerflächen in etwas größerer Entfernung zum Fluss
  • genaue Flächeneinteilung an Uraufnahme 1844 orientiert; hier ist Grenzlinie zwischen ufernahen Weiden/Wiesen und deutlich kleinteiligeren Ackerparzellen recht gut erkennbar; Übertragung des Zustands 1844 auf das 15. Jh. spekulativ
  • kleinere Bachläufe an Hartmann 1986 (Abb. S. 4), Uraufnahme 1844 und heutiger Topographie orientiert

Neustädter Hof

  • Grundlegend: Rekonstruktion des Hofes mangels aussagekräftiger Quellen zum 15. Jh. hochspekulativ; deshalb nur grobe Gebäudevolumen ohne weitere Details dargestellt; Ziel ist hier nicht die möglichst genaue Darstellung des Guts, sondern die Vermittlung der Information, dass zeitgleich mit der Bacheburg hier ein größeres Gebäudeensemble existierte
  • Position entspricht heutiger Siedlung; Orts- und Lagekontinuität unzweifelhaft
  • Grundriss an Uraufnahme 1844 orientiert, Vermutung: spätmittelalterlicher Grundriss damals nur wenig überprägt (heute stark überformt, nur wenig erhaltene historische Bausubstanz)
  • Gebäudezahl und -dimensionen nach Kartendarstellungen des frühen 18. Jhs., stark interpretiert; Positionierung im Grundriss auf Grundlage der perspektivischen Karteninterpretation
  • Kirche: Grundriss, Position und Seitenansicht für 1812 belegt (Hartmann 2017, Uraufnahme 1844); „Romanisierung“ der Baugestalt ohne Quellenbasis unter folgenden spekulativen Annahmen: Die Kirche des 19. Jhs. hat dieselben Dimensionen wie die des 11. Jhs. Das Gebäude wurde erst in barocker Zeit umgebaut, sodass der Zustand im 15. Jh. noch die ursprünglichen romanischen Formen aufweist.
Literatur

Wolfgang Hartmann: Auf den Spuren des Bamberger Fernbesitzes am bayerischen Untermain und im Odenwald.
In: Beiträge zur Erforschung des Odenwaldes und seiner Randlandschaften 4, Breuberg-Neustadt 1986, S. 119-150.
Wolfgang Hartmann (Hg.): 1200 Jahre Mömlingen, Mömlingen 2017.
Dietrich Hans Röder: Zur Rekonstruktion der Wasserburg am Neustädter Hof.
In: Der Odenwald – Zeitschrift des Breuberg-Bundes 6, 1959, Heft 3, S. 77-83.
Volker Schmidtchen: Mittelalterliche Kriegstechnik zwischen Tradition und Innovation.
In: Uta Lindgren (Hg.), Europäische Technik im Mittelalter: 800 bis 1400. Tradition und Innovation. Ein Handbuch, 4. Aufl., Berlin 2001, S. 305–316.

Barbara Schock-Werner: Hölzerne Bauteile an Burgen auf mittelalterlichen Darstellungen.
In: Barbara Schock-Werner (Hg.): Holz in der Burgenarchitektur. Wissenschaftliches Kolloquium des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Burgenvereinigung Schloss Sayn 2003, Braubach 2004, S.43-48.

Joachim Zeune: Hölzerne Wehrelemente an Burgen in historischen Bildquellen.
In: Barbara Schock-Werner (Hg.): Holz in der Burgenarchitektur. Wissenschaftliches Kolloquium des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Burgenvereinigung Schloss Sayn 2003, Braubach 2004, S. 33-42.