Das Kloster in der bayerischen Uraufnahme (1. H. 19. Jhd) - Quelle: Bayerische VermessungsverwaltungDer Ursprung der Wallfahrtskirche Engelberg geht bis auf heidnische Zeiten zurück. Eine nahegelegene Berghöhe mit dem Namen Rulesberg und ein gewaltiger Felsblock mit einer schüsselartigen Vertiefung, genannt Heunenschüssel, sind Zeugen einer einstigen Wotans-Kultstätte.

Das älteste schrifthistorische Zeugnis für ein christliches Heiligtum stammt aus dem Jahr 1406 und ist durch den Kardinal und päpstlichen Legaten Julianus, Bischof von Ostia, ausgefertigt. Es hat die Verleihung eines Ablasses zum Inhalt: „Die holdseligste Jungfrau, […] wird an gewissen Orten besonders verehrt, woraus die Gläubigen großen Nutzen für ihr Seelenheil ziehen. W

ir wollen nun, dass die Kapelle in Monte Angelorum, genannt auf dem Engelberg, […] in geziemender Weise ausgebessert, hergerichtet und instand gehalten werde […]“.

Wenn also 1406 das der Gottesmutter geweihte Kirchlein so reparaturbedürftig war, dass die Wiederherstellung durch einen Ablass gefördert werden musste, dann können wir folgendes annehmen: Bald nach 1300 entsteht ein kleines Marienheiligtum, eine Holzkapelle, in der eine Statue der Mutter Gottes aufgestellt ist. Maria wird dort verehrt als die Königin der Engel. Daher kommt der Name „Engelberg“. Daran ranken sich Legenden, dass Engel den Bauplatz der s

teinernen Kirche bestimmt und die „Engelstaffeln“ mit ihren 612 Stufen begründet hätten. Eine sehr alte Replik des damaligen Gnadenbildes wird heute in der Marienkapelle der Klosterkirche wegen ihres zarten Lächelns als die Mutter Gottes von der Freude verehrt.

Dass der hl. Erzengel Michael Kirchenpatron des Engelberges ist und in einer großen Sandsteinfigur über dem Kirchenportal thront, zeigt, dass er vor allem als „Patron der Gegenreformation” seit dem 17. Jahrhundert auf dem Engelberg verehrt wird.

Die bauliche Erweiterung des Kultortes vom einfachen Bildstock über eine hölzerne, später dann steinerne Kapelle zum ersten Kirchlein bezeugt die Zunahme der Wallfahrten. Gefördert wurde sie durch Erscheinungsberichte und besonders durch das wundertätige Marienbildnis. Geistlich betreut wurden die Wallfahrer über Jahrhunderte vom jeweiligen Pfarrer von Großheubach.

Nach den Krisenzeiten der Reformation und in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges berief 1630 der Mainzer Erzbischof und Kurfürst Anselm Kasimir vom Wambold Kapuziner auf den Engelberg und ließ ihnen ein Kloster bauen. 1823 wurden die Kapuziner im Zuge der Säkularisation vertrieben, 1828 übernahmen auf Anordnung König Ludwigs I. Franziskaner der bayerischen Provinz Kloster und Wallfahrtsseelsorge auf dem Engelberg.

Durch den Anbau der Antoniuskapelle (1697) und der Marienkapelle (1699) wurde die Kirche erweitert. 1845 erfolgte der Anbau der Fürstengruft der Fürsten zu Löwenstein auf der linken, 1900 der Votivkapelle (heute Beichtkapelle) auf der rechten Seite. Durch eine letzte Verlängerung der Kirche um 1899 erhielt sie ihre jetzige Gestalt und wohltuende Symmetrie. 1916 wurde die Klosterschänke eingerichtet. 1998 wurde mit der Kerzenkapelle im Franziskusgarten gleichzeitig eine behindertengerechte Anlage geschaffen, die zur Klosterkirche sowie den Klosterstuben führt.

Dass die über 600 Jahre lange Geschichte des Engelbergs trotz der gegenwärtigen Personalnot der Franziskaner weitergeht, das ist die Hoffnung von Pilgern, Gläubigen und Touristen vom Untermain.