Das Spätmittelalter, das ungefähr vom 13. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts dauert, stellt eine bedeutende Phase in der Geschichte Europas dar. Es ist eine Zeit des Übergangs von der Mittelalterlichen Gesellschaft hin zu den frühen Neuzeitstrukturen, die durch Veränderungen in politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereichen geprägt ist. Diese Epoche war auch von tiefgreifenden technologischen Entwicklungen und Veränderungen in der Handwerkskunst, da runter der Eisenproduktion, begleitet. Diese Zeit war geprägt von einem weitgehenden Agrarwirtschaftssystem, in dem die meisten Menschen auf dem Land lebten und von der Landwirtschaft abhängig waren. In den Städten, die zunehmend wuchsen, bildeten sich Handwerks- und Gewerbezentren, in denen spezialisierte Handwerker ihre Produkte herstellten. Im Vergleich zum Frühmittelalter erlebte das Spätmittelalter eine verstärkte Verstädterung, was zu einer Zunahme des Handels und einer Intensivierung der Arbeitsteilung führte. Die Wirtschaft des Spätmittelalters beruhte größtenteils auf dem Feudalismus, einem System, bei dem das Land in Besitz von Adeligen war, die es an Bauern vergaben. Diese lebten und arbeiteten auf den Ländereien, gegen Zahlung von Abgaben oder durch Arbeitsleistungen. Im späteren Verlauf des Mittelalters kam es durch den wachsenden Handel und die Entstehung von Geldwirtschaft zu einer zunehmenden Verlagerung von der reinen Naturalwirtschaft hin zu einer Wirtschaft, in der auch das Handwerk und die industrielle Produktion eine zentrale Rolle spielten.

Die Eisenproduktion war ein zentraler Bestandteil der mittelalterlichen Wirtschaft und hatte eine fundamentale Bedeutung für die Herstellung von Werkzeugen, Waffen, Rüstungen und anderen Produkten, die für das tägliche Leben und die Kriegsführung notwendig waren. Die Eisenverarbeitung im Spätmittelalter war wesentlich fortgeschrittener als in früheren Jahrhunderten und die Entwicklung der Eisenproduktion beeinflusste tiefgreifend die Art und Weise, wie Handwerksbetriebe organisiert wurden. Die Eisenproduktion erfolgte hauptsächlich in sogenannten Rennfeueröfen, auch „Rennöfen“ genannt. Diese Öfen waren einfach in ihrer Konstruktion, aber sehr effektiv. In diesen Öfen wurde Erz (meistens Eisenstein) mit Holzkohle erhitzt, wodurch das Eisen vom Erzgestein getrennt und als sogenanntes „Roheisen“ gewonnen wurde. Dieses Roheisen war noch nicht so stark und formbar wie modernes Stahl, aber es konnte durch weiteres Schmieden und Bearbeiten zu Werkzeugen und Waffen weiterverarbeitet werden. Eisen war nicht nur für die Landwirtschaft und den Bau von Werkzeugen wichtig, sondern spielte auch eine entscheidende Rolle in der Waffenproduktion. Schmiede stellten sowohl einfache Werkzeuge wie Hämmer, Sensen und Äxte her aber auch komplexere Ausrüstungen wie Schwerter, Rüstungen und Lanzen. Ein weiterer wichtiger Bereich war die Herstellung von Eisenwaren für den Bau von Gebäuden und Infrastruktur, wie etwa Nägel, Schlösser und Rie gel. Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung der Eisenproduktion war die Einführung des „Hochofenprozesses“, der in späteren Jahrhunderten eine effizientere und massenhaftere Eisenproduktion ermöglichte. Der Hochofen war jedoch noch nicht vollständig ausgereift, als das Spät mittelalter zu Ende ging. Dennoch gab es bereits erste Ansätze zur Nutzung von Wind- und Wasserkraft in Eisenwerken, was den Produktionsprozess erheblich verbesserte. Ein Beispiel hierfür waren die sogenannten Hammerschmieden. Im Gollachtal bei Aub hat die spätmittelalterliche Hammerschmiede die Landschaft intensiv beeinflusst. Die ehemalige Hammerschmiede ist heute im Volksmund als “Teufelsschmiede” bekannt.

Datengrundlage: Bayerische Vermessungsverwaltung und Bayerisches Landesamt für Umwelt, Bearbeitung: Burglandschaft und Archäologisches Spessart-Projekt mit Spessart-GIS

Die Hammerschmiede

Eine Hammerschmiede war eine spätmittelalterliche Werkstatt, in der mit Hilfe eines großen, meist wassergetriebenen Hammers – dem sogenannten Aufwerfhammer oder Schwanzhammer – Metalle bearbeitet wurden. Diese Art von Schmiede war bis in die frühe Neuzeit weit verbreitet und diente zur Herstellung von Werkzeugen, Waffen, landwirtschaftlichen Geräten oder anderen Eisenwaren. Im Gegensatz zur normalen Dorfschmiede, in der meist mit Muskelkraft gearbeitet wurde, nutzte die Hammerschmiede die Kraft von Wasserrädern, um schwere Schmiedehämmer anzutreiben. Dadurch konnten größere Metall stücke effizienter und gleichmäßiger bearbeitet werden. Der Schmied legte das erhitzte Metall unter den automatisch auf- und abschlagenden Hammer und lenkte die Arbeit gezielt mit Zangen und Keilen. Hammerschmieden waren demnach oft in der Nähe von Bächen oder Flüssen angesiedelt, wo genug Wasser für den Antrieb vorhanden war. Heute sind viele alte Hammer schmieden als Museumswerkstätten erhalten und geben Einblick in die Technik- und Industriegeschichte. Das Handwerk im Spätmittelalter war grundsätzlich weit gefächert und spielte eine Schlüsselrolle im täglichen Leben der Menschen. Neben der Eisenverarbeitung gab es viele andere spezialisierte Handwerke, die eng mit der Entwicklung von Städten und dem Wachstum des Handels verbunden waren. Zu den wichtigsten Handwerksberufen gehörte zum einen die Produktion von Bauern- und Handwerkswerkzeugen, die in der Landwirtschaft und im Bauwesen benötigt wurden. Sensen, Harken, Pflüge oder Messer waren unerlässlich für die Arbeit auf dem Land. Zum anderen war die Herstellung von Stoffen und Kleidung eine der zentralen Handwerksindustrien. Im Spätmittelalter gab es eine zunehmende Urbanisierung in der Textilproduktion, insbesondere in Städten wie Florenz, die für ihre hochwertige Wollproduktion berühmt war. Außerdem stellte die Herstellung von Waffen und Rüstungen ein Spezialgebiet der Schmiedekunst im Spätmittelalter dar. Diese Produkte wurden sowohl für die Kriegsführung als auch für den Adel und die wohlhabende Elite produziert. Ferner war ebenfalls das Töpferhandwerk weit verbreitet. Die Herstellung von Keramik, wie Töpfen, Schalen und Krügen, war wesentlicher Bestandteil für die Mittelaltergesellschaft. Die Entwicklung neuer Technologien war im Spätmittelalter von großer Bedeutung. Während der Zeit des Hochmittelalters (ca. 11. bis 13. Jahrhundert) war die Gesellschaft noch stark von traditionellen handwerklichen Methoden geprägt. Im Spätmittelalter jedoch begannen sich technische Innovationen durchzusetzen. Die Einführung von Wind- und Wassermühlen in der Eisenproduktion und die Weiterentwicklung der Schmiedetechniken trugen zur Effizienzsteigerung bei. Auch die Handwerkszünfte spielten eine bedeutende Rolle bei der Weitergabe und dem Schutz von Handwerkstechniken, wodurch die Qualität der Produkte gesteigert wurde.

Landschaftswandel im Gollachtal

Das Urkataster von 1845 zeigt eine sehr kleingliedrig genutzte Landschaft. Die Flurgrenzen resultieren dabei wohl aus der fränkischen Realerbteilung, die im Laufe der Zeit immer kleinere Parzellen hervorgebracht hat. Die Hochflächen dürften ackerbaulich genutzt worden sein. Die wechselnde Ausrichtung der Flurstücke geht wohl auf einzelne Gewanne zurück. An den steilen Talhängen der Gollach wurden Weinbergterrassen angelegt, die häufig in östliche Richtungen exponiert sind. In der ebenen Talsohle wurden kleine Gärten angelegt. Es gibt keine Hinweise, dass hier Wiesenbewässerung eine Rolle spielte, wie dies in Mittelgebirgsregionen wie dem Spessart praktiziert wurde.

Das entscheidende Landschaftselement des Gollachtales ist aber ein etwa  90 m langer Querwall. Er staute einst die Gollach zu einem See auf und diente der Regulierung der Wasserkraft. Verschiedene Mühlräder waren wohl unmittelbar an dem Wall platziert. Zur Anlage gehörten verschiedene Gebäude, in denen große Hämmer das Eisen schmiedeten. Insgesamt war hier für die Zeit des Spätmittelalters eine mächtige Produktionsstätte lokalisiert, welche die Landschaft des gesamten Gollachtales nachhaltig gestaltete und beeinflusste.

Datengrundlage: Bayerische Vermessungsverwaltung und Bayerisches Landesamt für Umwelt, Bearbeitung: Burglandschaft und Archäologisches Spessart-Projekt mit Spessart-GIS

Exkurs: Reichelsburg

Die Burg Reichelsberg liegt auf einem Bergrücken zwischen Aub und Baldersheim über dem Gollachtal, unweit des Eisenhammers Teufelsschmiede. Heute ist sie eine Ruine und nur der 20 Meter hohe Bergfried sowie Teilstücke der Ringmauer sind noch zu sehen. Erste Teile der Burg wurden wohl vor 1100 erbaut. Nach einer wechselvollen Baugeschichte erfolgte 1525 im Bauernkrieg ihre Zerstörung und sie verkam danach zum Steinbruch für die umliegenden Dörfer. Ab 1905 wurde die Ruine vom Schutt befreit und die erhaltenen Mauerreste restauriert und gefestigt.

Rekonstruktion des Gollachtales