Im Osten der Stadt Aschaffenburg liegt der 252 Meter hohe Godelsberg, der die Fasanerie mit dem Spessart verbindet. Im Laufe der Jahrhunderte wurde dieses Gebiet auf unterschiedliche Weise genutzt und gestaltet. Während im Mittelalter und der Frühen Neuzeit an den Südhängen Weinbau betrieben wurde, dienten die übrigen Flächen als Weideland. Im 19. Jahrhundert gestalteten bürgerliche Initiativen den Godelsberg zu einem parkähnlichen Landschaftsgarten um. Auch wurde großflächig aufgeforstet. Bis heute zeugen Serpentinenwege, Steinbänke und Aussichtspunkte wie die Teufelskanzel oder die Goldbacher Kanzel von dieser Zeit. Mit der Kippenburg befindet sich zudem eine scheinbar mittelalterliche Burg auf dem Berg – in Wirklichkeit handelt es sich um eine historisierende Nachbildung. Heute findet dort jährlich im Juli das Kippenburgfest der Stadt-Garde statt.
Dieses Modell ist veröffentlicht auf Sketchfab.
Die Geschichte des GodelsbergesDie Weinbautradition am Südhang reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück. Godebold, Dekan des Stifts St. Peter und Alexander, legte damals einen Weinberg auf dem später nach ihm benannten Areal an. Eine Urkunde von 1462 erwähnt 17 Pächter, die dort Weingärten bewirtschafteten und abgabepflichtig gegenüber dem Stift waren. Auch Adam Kipp, der Erbauer der Kippenburg, kultivierte dort Wein. Entlang der Ludwigsallee, vorbei an Streuobstwiesen und Trockenmauern, gelangt man zum „Urbani Häcker“. 1978 belebte die Familie Blasy den Weinbau am Godelsberg neu – zwei Jahre später wurde erstmals wieder geerntet. Heute betreibt die Familie Orth, Nachkommen der Blasys, den Weinberg weiter und baut Rebsortenwie Müller-Thurgau, Pinotin und Bacchus an. In den Sommermonaten kann man die Weine in der Häckerwirtschaft verkosten oder an einer Weinprobe im Weinberg-Häuschen teilnehmen. Rund um den Godelsberg verlaufen mehrere historische Alleen. Die Kastanienallee, erstmals 1845 erwähnt, führt vom Godelsberg zum Büchelberg und nach Haibach. Die alte Ahornallee verläuft durch den Krämersgrund bis zur Schellenmühle. Vom Ostring in Richtung Klinikum führt die Ludwigsallee. Bereits ab 1780 wurde der Weg nach Würzburg im Zuge der Anlage der Fasanerie begradigt und als Allee gestaltet, gegen Ende des 19. Jahrhunderts erhielt er den Namen Bismarckallee. Erst 1917 wurde ein Abschnitt des alten Bessenbacher Wegs als neue Ludwigsallee trassiert und um den Godelsberg verlängert. Der Ausbau zur befestigten Straße erfolgte später – bei der Ludwigsallee erst um 1940. In den 1980er Jahren wurde sie bis zum Klinikum verlängert, mit Geh- und Radwegen ausgestattet und mit Ahornbäumen bepflanzt. Seit 2012 heißt dieser Abschnitt Alois-Alzheimer-Allee. Auch der Obstbau hatte auf dem Godelsberg Tradition. Schon Adam Kipp hatte Obstbäume gepflanzt. Ab etwa 1900 bewirtschaftete die Stadt Flächen oberhalb der Ludwigssäule sowie rund um die Kastanienallee und den Krämersgrund mit einem eigenen Obstbaubetrieb. Neben Apfel- und Birnbäumen wurden in den 1930er Jahren am Sälzerweg sowie auf ehemaligen Weinbergterrassen auch Pfirsichbäume gepflanzt. Das geerntete Obst wurde in einem alten Brauereikeller gelagert und diente unter anderem der Versorgung des Krankenhauses. Um 1960 stellte die Stadt den Obstbau ein. In den letzten Jahrzehnten kümmern sich jedoch wieder Naturschutzbehörde und private Pächter um Erhalt und Pflege der Streuobstwiesen. Der Godelsberg ist auch wegen seiner Aussichtspunkte ein beliebtes Ziel. Besonders markant ist die Teufelskanzel, eine aus verwittertem Gneis bestehende Felsformation unterhalb der Kippenburg. Über bereits vor 1840 gehauene Stufen und ein seit 1874 angebrachtes Stahlgeländer erreicht man den flachen Felsrücken, der einen weiten Blick über Aschaffenburg und das Maintal erlaubt. Bei guter Sicht sind sogar die Frankfurter Skyline und der Feldberg im Taunus zu erkennen. Der Name „Teufelskanzel“ geht auf eine Sage zurück, nach der der Teufel beim Überflug entweder versehentlich Felsbrocken verlor oder sie aus Wut auf den Godelsberg schleuderte. Inzwischen zeigt sich auch am Godelsberg der fortschreitende Klimawandel deutlich. Längere Trockenphasen, heftigere Stürme und zunehmende Wetterextreme schädigen den Baumbestand. Besonders auf trockenen, nährstoffarmen Böden sind bereits viele Bäume abgestorben. Herabfallende Äste stellen zudem eine Gefahr dar. Die Stadt Aschaffenburg bemüht sich, den Wald als Erholungsgebiet und ökologischen Ausgleichsraum zu erhalten. Dabei liegt der Fokus auf trockenresistenten Baumarten und dem Erhalt der Kaltluftbildung – wichtig für das Stadtklima, da diese Luftmassen in warmen Sommernächten in die Innenstadt strömen. Der Godelsberg ist somit nicht nur ein Stück Natur mit langer Nutzungsgeschichte, sondern auch ein Beispiel für den Wandel unserer Kulturlandschaft und die Herausforderungen der Gegenwart. |
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Aktuelle Landnutzung am Godelsberg. Im Hintergrund: Schummerung aus dem Digitalen Geländemodell 1m. | Kartierung aus dem Urkataster von 1845. (Kartenausschnitt mit insgesamt 2292 Flächen) |
Mit dem Urkataster von 1845 liegen erstmals georeferenzierte und sehr detaillierte Karten vor, die sich hervorragend für ein Kartierung mittels Geographischem Informationssystem eignen. Die Kartierungen können unmittelbar mit aktuellen Geodaten verglichen und Veränderungen in der Landschaft der letzten 180 Jahre visualisiert werden.
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Ein Plan von 1734 zeigt die Planung eines Landschaftsparkes im Bereich der Fasanerie | Der Godelsberg in einem Stadtplan von 1905 |
Der Godelsberg, unmittelbar östlich der Stadt Aschaffenburg gelegen, hat in der jüngeren Vergangenheit viele Veränderungen erfahren. Zahlreiche Persönlichkeiten haben sich mit Überlegungen zur Gestaltung des Godelsberges und Umgebung beschäftigt. So zum Beispiel auch der Stadt- und Landbaumeister im späten 18. Jahrhundert EmanuelJoseph von Herigoyen. Im „Plan du Nouveau Parc“ von 1780 ist der Godelsberg mit den beiden Flächen der künftigen Goldbacher Kanzel und Kippenburg einzeichnet. Viele Aspekte des Landschaftswandels zeigt der neu eingerichtete Kulturweg: “Auf und um den Godelsberg” des Archäologischen Spessart-Projektes, der zusammen mit der Arbeitsgruppe “Godelsberg” entwickelt wurde.
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Aktuelle Nutzung am Godelsberg (nur Waldflächen, Offenlandbereiche und Siedlungsflächen) | Nutzung im Urkataster (nur Waldflächen, Offenlandbereiche und Weinberge) |
Der direkte Vergleich ausgewählter Nutzungseinheiten macht die Landschaftsdynamik am Godelsberg deutlich: Die Waldflächen haben im Vergleich zu 1845 deutlich zugenommen. Nehmen Wälder im Urkataster nur etwa 20 % der Fläche ein (0,81 km2 von insgesamt 4 km2) so sind es aktuell 43,2 % (1,73 km2). Die Offenlandbereiche (Acker-, Wiesen-, Streuobstflächen, …) haben dagegen in den letzten 180 Jahren deutlich abgenommen: Von den 3,01 km2 (75,7 %) sind es heute nur noch 1,49 km2 (37,2 %). Im Urkataster sind Siedlungsflächen bis auf einzelne Höfe (Lufthof, Zeughaus, Fasanerie, Schellenmühle) nicht vorhanden. Dagegen ist der Godelsberg am Süd- und Westhang mit Weinreben bestockt (0,15 km2 oder 3,8 %). Heute findet sich am südlichen Godelsberg nur noch ein kleiner Weinberg, ansonsten ist der Weinbau komplett verschwunden. Insbesondere die Rebflächen sind heute in der Stadterweiterung Aschaffenburgs aufgegangen. Die Siedlungsflächen haben seit 1845 die größte Landschaftsveränderung mit sich gebracht. Von nahezu 0 % im Projektgebiet sind es heute 0,79 km2 oder 19,64%.