Walldürns Stadtgeschichte begann vor über 1225 Jahren

Bereits 794 wird die Stadt erstmals im Lorscher „Codex Laureshamensis“ als „Turninu“ erwähnt. Mit dem Walldürner Schloss und der stadtbildprägenden Pfarr- und Wallfahrtsbasilika St. Georg kann die Stadt mit zwei kulturhistorisch bedeutsamen Baudenkmälern für die Region aufwarten. Sie machen Walldürn nicht nur zu einem beliebten Ausflugsziel im Odenwald, sondern stellen insbesondere für Wallfahrer einen alljährlichen Anlaufpunkt dar.

 

Die Wallfahrtskirche St. Georg

Aus dem 13. Jahrhundert liegen erste Indizien für die Existenz einer Pfarrkirche in Walldürn vor. Deren Patronat gehörte zur Burg, weshalb sie als eine ehemalige Eigenkirche (private Kirchengründung) der Burgherren zu vermuten ist. Patrozinium des Hauptaltars war immer St. Georg.

Mit dem Blutwunder, das sich um 1330 ereignet haben soll, erhielt die Pfarrkirche bald als Wallfahrtsbasilika St. Georg eine überregionale Bedeutung und zog jährlich zahlreiche Pilger und Gäste in die Stadt. Im Jahre 1445 wurde das Blutwunder von Papst Eugen IV. förmlich anerkannt und den Wallfahrern nun ein Ablass gewährt. Die daraus resultierenden Einkünfte sollten der damals immer baufälliger werdenden Kirche und ihrer Ausstattung dienen. 1497 wurde die „Konsekration“ (Weihe) der erneuerten Kirche gefeiert. Zwei gewölbte Geschosse vom gotischen Nordturm des Vorgängerbaus aus dem 14. Jahrhundert sowie die darüberliegenden Stockwerke der bis 1497 umgebauten Kirche sind heute noch erhalten geblieben.

Im 16. Jahrhundert brachten Reformation und Bauernkrieg eine erste Krise der Wallfahrt mit sich. Für ihre Erneuerung sorgte in der Zeit nach 1600 der tatkräftige Pfarrer Jodokus Hoffius. 1615 bis 1626 wurde die Kirche erneut erweitert und für die Seelsorge der Wallfahrer war eigens ein inzwischen wieder verschwundenes Kapuzinerkloster gegründet worden. Die politischen Umbrüche der späteren Jahrhunderte zogen weitere Krisen nach sich, die durch anhaltende Kriege und äußere Bedrohungen gekennzeichnet war. Dennoch wurde ein Neubau der Wallfahrtskirche im Jahre 1698 in Angriff genommen und 1728 mit der Konsekration abgeschlossen. Die heutige Innenausstattung stammt weitestgehend aus dieser barocken Umgestaltungsphase. In Wechselwirkung dazu erzielt das unverputzte Mauerwerk des Außenbaus, trotz stark betonter Vertikalgliederung und barocker Bauzier, eine eher nüchterne Erscheinung. Bis zur nächsten Zäsur im Zuge der Kriege nach der Französischen Revolution erreichte die Walldürner Wallfahrt in der Folgezeit ihren quantitativen Höhepunkt, jährlich wurden mehr als 100.000 Pilgern gezählt. Die Spenden und Ausgaben der Pilger trugen auch zu einer florierenden Wirtschaftsentwicklung Walldürns bei.

1962 wurde St. Georg durch Papst Johannes XXIII. in den Rang einer „Basilika Minor“ erhoben. Seit 2007 wird die Wallfahrt von den Franziskaner-Minoriten betreut. Auch heute ist die weiträumige Pfarr- und Wallfahrtskirche der architektonische Mittelpunkt der Stadt und geistliches Zentrum der jährlichen Wallfahrt. Sie hat sich mit zeitgemäßen Einrichtungen wie etwa Fahrrad- und Motorrad-Wallfahrten den heutigen Erfordernissen angepasst.

 

Von einer mittelalterliche Burganlage zum Schloss Walldürn

Im Kern ist das heutige Schloss wohl eines der ältesten Steinbauten der Walldürner Altstadt. Erstmalig 1241 erwähnt, war das ehemalige Burggebäude vom 12. bis 14. Jahrhundert vornehmlich Sitz der Herren von Dürn und späterer Amtssitz des Kurfürstentums Mainz. Daneben erfüllte das Gebäude die Funktion der Kellerei.

Nach der ersten schriftlichen Erwähnung Walldürns Ende des 8. Jahrhunderts, tritt die Stadt erst im 1171 erneut urkundlich in Erscheinung und steht in Zusammenhang mit Rupert I. von Dürn, Begründer dieses Hochadelsgeschlechtes. Er gründete die bekannte Burg Wildenberg bei Kirchzell/Amorbach, doch erst unter seinem Enkel Konrad I. von Dürn erreichte die Bedeutung des Geschlechts, infolge Konrads Heirat mit der reichen Erbtochter Mechthild von Lauffen, seinen Höhepunkt. Das Zentrum von Konrads Herrschaftsausübung war die Walldürner Burg, deren ursprüngliches Aussehen infolge späterer Umbauten nicht mehr exakt zu rekonstruieren ist. Nach Konrads Tod 1254 begann der schnelle politische und finanzielle Abstieg der Herren von Dürn. Drei seiner Söhne begründeten jeweils eigene Linien des Geschlechtes, konnten den geographisch stark zersplitterten Besitz jedoch nicht lange halten und die Linien erloschen bis 1323.

Das Dorf Walldürn war bereits im Jahre 1294 zur ummauerten Stadt erhoben worden. Doch Rupert II. von Dürn musste den Ort mit der Burg Ende des 13. Jahrhunderts an das Mainzer Erzbistum verkaufen und die Herrschaft der Mainzer Erzbischöfe sollte von da an für 500 Jahre die weitere Entwicklung Walldürns prägen. Die Burg war aufgrund ihrer reichhaltigen Einkünfte vor allem im 15. Jahrhundert ein beliebtes Pfandobjekt, wodurch umfangreiche Beschreibungen ihrer Einkünfte und ihres Inventares überliefert sind. Um das Jahr 1492 wurde die Burg unter Berthold von Henneberg, Erzbischof von Mainz (reg. 1484 – 1504), zur vierflügeligen Schlossanlage umgebaut und von Ringmauer mit Türmen umgeben. Einige wenige Buckelquader (siehe Foto, rechts) sind letzte Reste des ehemaligen Bergfrieds, die im Schloss erhalten geblieben sind. Im Zuge der Säkularisierung fiel die Stadt an das Großherzogtum Baden. Beim Erwerb des Schlosses durch die Stadt Walldürn 1857 war es vermutlich in einem schlechten baulichem Zustand, sodass 1865 der Bergfried mit dem Schieferhelm, der „Blauen Kappe“, und einer der ursprünglich vier Schlossflügel abgebrochen wurden. Damit war das Schloss seiner ältesten Bausubstanz beraubt worden. Die Einebnung des mit Rundtürmen bewehrten Zwingers und des Grabens, verwischten den vormalig wehrhaften Charakter der einstigen Burg.

 

Eine Radierung von Sebastian Eckhardt (um 1820) zeigt einen Prozession von Wallfahrern vor der Kulisse von Walldürn.

Foto entnommen aus: Archäologischer Stadtkataster Baden-Württemberg, Bd. 10, Abb. 2, S. 52