Auf der bayerischen Uraufnahme (1. H. 19. Jhd.) ist die mittelalterliche Prägung Obernburgs deutlich zu erkennen. - Quelle: Bayerische VermessungsverwaltungViele Besucher Obernburgs erfreuen sich an den noch sichtbaren Resten der mittelalterlichen Stadtbefestigung, den Toren, Türmen und Mauern, denen heute ein Hauch Romantik anhaftet. Erzbischof Peter von Mainz, der bei seinen Amtsgeschäften häufig durch Obernburg reiste, fasste am 23. Mai 1313 den Entschluss, den Ort wegen seiner strategischen Lage zu befestigen und zur Stadt zu erheben. Dies konnte er aber nicht ohne die Genehmigung des deutschen Königs oder Kaisers tun. Sie wurde dann am 27. Juli 1317 von König Ludwig dem Bayern erteilt. Danach ließ Peter von Mainz zunächst Gräben, Wälle und Palisaden erneuern und die Tore verschanzen. Die vollständige Befestigung mit Mauern und Türmen aber unterblieb. Erst ein Nachfolger Peters veranlasste den Ausbau der Befestigung, indem er eine zweite vertiefte Umgrabung und einen Zwischenraum zwischen dem ersten und zweiten Graben erstellen ließ. Zwischen 1344 und 1347, nach der zweiten Genehmigung der Stadterhebung Obernburgs durch Kaiser Ludwig dem Baier, erfolgte eine verbesserte Instandsetzung der Wälle und Gräben. Die Mauern wurden drei bis vier Schuh dick (ca. 90-120 cm) erneuert und mäßig hohe Türme wurden erbaut.

Als Kurfürst Theodorich von Erbach 1440 befahl, dass alle Städte und Flecken im Maingelände besser befestigt werden sollten, fing man in Obernburg an, die Mauern zu erhöhen, die Gräben zu vertiefen und die Zwischentürme, die davor nur Halbtürme waren, voll auszubauen. In diese Periode fällt die Erbauung des oberen und unteren Torturmes und der Ecktürme auf der Mainseite. In die Regierungszeit des Kurfürsten Uriel von Gemmingen (1508-1514) fiel dann ein weiterer Ausbau der Stadttürme.

Die 65-90 cm dicke Stadtmauer hatte mit ihrem hölzernen Wehrgang eine Höhe von durchschnittlich 19 Schuh (1 Schuh = 0,288 m), das entspricht rund 5,50 m. Der Mauerring bestimmte vom 14. bis ins 19. Jahrhundert die Entwicklung Obernburgs und war bis ins Jahr 1888 noch völlig intakt. Die Stadt Obernburg bietet eine ideale mittelalterliche Kulisse  mit dem historischen Altstadtkern und seinen Fachwerkhäusern, Kopfsteinpflaster, Türmen, der großzügigen Parkanlage am Mainufer und dem im Kern mittelalterlichen Rathaus.

Noch weiter in die Vergangenheit führt das Römermuseum Obernburg: hier sind die reichen Funde des Kastells ausgestellt. In den Jahren 83/85 n.Chr. ließ der römische Kaiser Domitian infolge des siegreich beendeten Chattenkrieges an verschiedenen Orten der Mainlinie (“Nasser Limes”) Kastelle errichten, unter anderem auch das Kastell Obernburg. In ihm war von 91 bis 259/260 n. Chr. die vierte aquitanische Reiterkohorte, eine Hilfstruppe der 22. Legion Primigenia pia fidelis mit dem Hauptquartier in Mainz, stationiert. Anfang des 2. Jahrhunderts n. Chr. wurde der Kohorte zur zusätzlichen Grenzsicherung der Britonennumerus der nemaningensischen Späher unterstellt. Ihr Beiname ist der des Kastells: Nemaninga.

Die Altstadt Obernburgs bedeckt heute das Gelände, auf dem sich das Römerkastell befunden hat. Die in großer Zahl bei Ausgrabungen in Obernburg gefundenen Gegenstände wurden bereits 1892 im Runden Turm ausgestellt. 1909 kamen diese dann in die neu erbaute Knabenschule und 1945 in das Römerhaus. Seit 1996 sind die historischen Zeugnisse im “Römermuseum” in der Unteren Wallstraße ausgestellt. Vor dem Museum steht die imposante Replik einer Jupitergigantensäule.

 

Text: Heimat- und Verkehrsverein Obernburg e.V.