von Nicolai Knauer, Heilbronn 2019

Die dreigeteilte Anlage auf der Burghälde in einer Höhe von 330 m NN nahe Eberbach gab ihrem Betrachter seit jeher viele Fragen auf. Urkundlich ist jedenfalls immer nur von einer Burg die Rede. Noch schwieriger, die Entstehung nachzuvollziehen macht es, dass große Teile im 20. Jh. rekonstruiert wurden. Aus dieser Zeit stammt auch die heute gebräuchliche Bezeichnung zur Unterteilung in eine Vorder-, Mittel- und Hinterburg. Nur die ausführlichen Beschreibungen des Ausgräbers der Burgen – Altbürgermeister Dr. John Gustav Weiss – ermöglichten eine realistische Betrachtung.

Eberbachs erste Burg entstand an anderer Stelle, auf dem Ohrsberg, einem Umlaufberg am nördlichen Stadtrand. Anhand ihrer Form und Keramikfunden lässt sie sich in das frühe 11. Jh. datieren. Vermutlich steht sie im Zusammenhang mit der 1012 festgelegten Grenze zwischen den Waldgebieten des Klosters Lorsch und des Bistums Worms. Höchstwahrscheinlich unterstand sie den Grafen von Lauffen, welche das Amt des Wormser Hochstiftsvogtes bekleideten. Die ab 1011 sicher belegte Familie hatte ihren Herrschaftsschwerpunkt im Neckargau, wo auch der Ort Lauffen mit der um 1000 entstandenen Inselburg lag, nach der sie sich spätestens ab dem frühen 12. Jh. benannten.

Etwa zu dieser Zeit wurde in Eberbach im Abstand von nur ca. 800 m von der Burg Ohrsberg entfernt auf der höher gelegenen „Burghälde“ eine zweite Burg errichtet. Vieles spricht dafür, dass diese vermutliche Gegenburg schon bald wieder gewaltsam unterging. Die ältesten Schichten der von Dr. Weiss als „Vorderburg“ bezeichneten Anlage zeigen imense Brandspuren. Vielleicht stand die Erbauung und Zerstörung im Zusammenhang mit den kriegerischen Auseinandersetungen zwischen dem Lorscher Klostervogt Berthold v. Lindenfels und u.a. Bistum Speyer im Kontext des Thonstreites zwischen Kaiser Lothar III. und Konrad v. Staufen. Auch die bei Neckarsteinach gelegene Burg „Hundheim“ des Berthold wurde um diese Zeit geschleift. Es ist möglich, dass die Grafen v. Lauffen selbst die Gegenburg, welche die alte Wormsische Anlage auf dem Ohrsberg bedrohte, zerstörten. Nach Absetzung Bertholds übernahmen sie bezeichnenderweise auch seine Vogteirechte des Klosters Lorsch im Neckartal.

Vor der Mitte des 12. Jhs. erbauten die Grafen v. Lauffen nahe des im Neckargau gelegenen Ortes Haßmersheim, wo sie bereits vor 1011 nachweislich Besitz hatten, die Burg Hornberg. Nach dem Tod Graf Boppos (IV.) v. Lauffen kam es wohl zwischen seinen Söhnen Konrad und Boppo (V.) zur Erbteilung. Burg Hornberg, welche genau in der Mitte des Gebietes lag, wurde zunächst ebenfalls geteilt. Vor 1184 tauschte Konrad seinen Teil allerdings gegen Anteile eines Gutes Grensheim (Grenzhof bei Heidelberg) ein. Danach begann Graf Konrad von Lauffen mit dem Bau seines neuen Stammsitzes über den Fundamenten der zerstörten Burg auf der Burghälde, nach dem er sich 1196 „von Eberbach“ nannte. Hier entstand im Südosten ein Wohnturm mit Ansätzen einer 1,7 m dicken Ringmauer. Weitere Bauten der geplanten Großburg wurden im oder jenseits des Halsgrabens der „Vorderburg“ errichtet: ein monumentaler Bergfried sowie ein repräsentativer Palas mit schildmauerartiger Nordfront. Zum Verbinden der Bauteile kam es nicht mehr. Der Tod des Grafen, welcher nach 1196 nicht mehr urkundlich erscheint, führte zum Baustopp. Als 1219 sein Bruder Boppo (V.) starb, war die bedeutende Familie im Mannesstamm erloschen und ihre Lehen fielen heim.

Vielleicht führte eine ungeklärte Rechtslage bezüglich Lehensanteilen des Hochstiftes Worms und Eigentumsanteilen der Schwiegersöhne des Grafen Boppo zur Unterteilung der unfertigen Burg auf der Burghälde in die „Vorder-“ und „Mittelburg“.

Noch verworrener scheint die Situation geworden zu sein, als mit Friedrich II. ab 1212 wieder ein Staufer auf dem deutschen Königsthron saß, der ebenfalls am Neckar Machtansprüche erhob. Möglicherweise fällt der erste Bauversuch der Hinterburg in diese Zeit, womit Friedrich oder sein Sohn und Nachfolger als deutscher König, Heinrich (VII.), Druck auf die Besitzer der beiden älteren Burgen ausüben wollte. Ausgrabungen haben jedoch gezeigt, dass die Hinterburg zunächst unvollendet blieb. 1227 gelang es Heinrich, Burg Eberbach von Worms zu Lehen zu erhalten. Hierdurch erfolgte die erste urkundliche Erwähnung der Eberbacher Burg selbst. König Heinrich sah offensichtlich in Eberbach einen wichtigen Stützpunkt. Er ließ nicht nur in den folgenden Jahren die Hinterburg fertigstellen, sondern gründete auch die Stadt Eberbach. Vielleicht war hierfür u.a. die Nähe zum Hauptsitz des Pfalzgrafen bei Rhein in Heidelberg ausschlaggebend, da sein Verhältnis zu den deutschen Fürsten sich zunehmend verschlechterte. Bei Neckarwestheim errichtete er mit Liebenstein zeitgleich eine Burg, welche den markgräflich badischen Burgen Besigheim und Lauffen entgegen gestellt war.

1234 kam es zum offenen Krieg zwischen Heinrich (VII.) und seinem Vater Kaiser Friedrich II., der mit der Absetzung Heinrich endete. Hiernach schwand die Bedeutung des Eberbacher Burgenkomplexes zunehmend. Nur die „Hinterburg“ zeigt überhaupt noch Ansätze spätmittelalterlicher Umbauten. Es ist möglich, dass die vorderen Burgabschnitte bereits bald darauf aufgegeben wurden.

Ab 1297 wurde Burg Eberbach nur noch verpfändet, zunächst an die Grafen v. Katzenelnbogen, dann an die Herren v. Weinsberg, ab 1330 an die Pfalzgrafen bei Rhein, die sie ihrerseits wieder weiterverpfändeten. So gelangte sie 1402 an Hans von Hirschhorn, welcher sie nur mit 3 Knechten und einer Magd besetzte. Es verwundert nicht, dass die offenbar unrentabel gewordene Anlage schließlich im Jahr darauf aufgegeben und geschleift wurde. Fortan diente sie nur noch als Steinbruch.

Ein halbes Jahrtausend lang schlummerten die beeindruckenden Mauern im Dornröschenschlaf, bis 1908 mit ersten Freilegungen der teils kaum noch erkennbaren Reste begonnen wurde. Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts ließ Bürgermeister Weiss die Vorder- und Mittelburg teilweise wieder aufbauen, unter Verwendung des vorgefundenen Materials. Von 1959 bis 1963 wurde der Rest der Hinterburg ausgegraben und ebenfalls teilrekonstruiert.

 

Bauteilbeschreibungen:

1. Haupttor (Vorderburg)
Das nur 1,7 m breite, 2,9 m hohe Tor besitzt einen romanischen Bogen aus sehr kleinen Elementen, die alle bei der Ausgrabung im Schutt gefunden wurden und wieder auf die noch bestehenden Gewände gesetzt werden konnten. Es besaß eine für die Zeit typische Verriegelung mittels eines Balkens, der auf einer Seite in eine Vertiefung eingesetzt und auf der anderen Seite durch eine schräge Nut heruntergedrückt wurde.

2. Bergfried (Vorderburg)
Die Reste des quadratischen Turmsockels mit ca. 6,2 m Kantenlänge und knapp 1,5 m Mauerstärke weisen schwere Brandschäden auf. Er stammt wohl aus der ersten Bauphase und gehört zu den frühen Bergfrieden. Sein 1,4 m breiter, ebenerdiger Eingang wurde sicher erst nachträglich eingebaut. Er war nur noch bis zu den Bogenanfängern erhalten, der Bogen selbst ist wahrscheinlich frei rekonstruiert. Vermutlich hatte man den Turm nach der Zerstörung nicht mehr als Bergfried genutzt, sondern zu wirtschaftlichen Zwecken umfunktioniert, anders macht sein torartiger Zugang keinen Sinn.

3. Nebengebäude (Vorderburg)
Zu einer der letzten Veränderungen, der die Vorderburg unterzogen wurde, gehört die Errichtung einer 0,8 m dicken Mauer im Westen des Bergfrieds, die stumpf an die Ringmauer stößt. Zusammen mit dieser und der Turmmauer bildet sie einen dreieckigen Raum mit 1 m breitem Zugang im Süden. Dieser Bereich war wahrscheinlich überdacht und wurde als Ökonomiegebäude genutzt. Hier fand man bei Ausgrabungen einen Bronzekessel, darin u.a. romanische Leuchter und eine Bronzewaage. Offenbar hatte hier jemand aufgrund einer Bedrohung seine Wertsachen versteckt.

4. Schlupfpforte (Vorderburg)
Ob der relativ unsicher, nahe der einstigen Angriffseite gelegene Zugang schon zur ersten Burg gehörte, ist nicht zu klären. Der Bereich war bis weit hinunter zerstört. Die Überdeckung wurde nicht gefunden.

5. Ringmauer (Vorderburg)
Die ursprüngliche Form der Vorderburg war ein sogenannter Rundling. Sie hat sich bei der Westhälfte der Anlage noch erhalten. Die nur 1,1 m starke Umfassungsmauer knickt hier in mehreren Metern Abstand immer wieder leicht ab. Erst im Norden findet man einen längeren geraden Abschnitt, dessen Mauerstärke auf bis zu 1,4 m anwächst. Dieser dürfte erst aus der 3. Bauphase stammen, zumal nur ein Abstand von 0,5 m zur Nordecke des Bergfrieds besteht, was wohl kaum so ursprünglich geplant war. Noch deutlicher wird es bei den nur 0,1 m Distanz der Turmostecke zur dortigen Ringmauer. Diese verläuft ebenfalls mit 1,4 m Dicke von der Ecke fast rechtwinklig nach Süden. Jenseits des Torbereiches verstärkt sie sich auf 1,7 m und setzt sich so im gesamten Bereich des Südost-Gebäudes fort. Der Maueransatz an dessen Südwest-Ecke zeigt, dass hier die Mauer in gleicher Stärke hätte weitergeführt werden sollen. Statt dessen baute man in Phase 3 die Ringmauer nur wieder in ursprünglicher Stärke hier an. Dass die stärksten Mauerabschnitte im best geschützten Bereich der Burg liegen, weist auf die Planänderung in Phase 3 hin.

6. Zisterne (Vorderburg)
Bei der Ausgrabung wurde festgestellt, dass sie bis zum Hofniveau der Bauphase 2 reichte, also aus dem späten 12. Jh. stammen muss. Zur Erbauung der Filterzisterne wurde ein 3,5 m tiefer Trichter, oben mit einem Durchmesser von knapp 2 m aus dem Fels gearbeitet, in dessen Mitte ein steinerner Zylinder aus unvermauerten Quadern gestellt wurde. Der Trichter war mit Geröll gefüllt, aus dem Zylinder entnahm man das Wasser.

7. Scheune (Vorderburg)
Zur Erstbebauung der Vorderburg gehörte ein Gebäude mit etwa 60 qm Innenfläche und 0,9 m starken Hofmauern. Dass ein Viertel davon vom Gebäude der Bauphase 2 überlagert wird zeigt, dass es nach der Zerstörung nicht wieder aufgebaut worden war. Darin fand man Reste eines verbrannten Wagens, verkohltes Getreide, Hufeisen und Teile von Pferdegeschirr. Offensichtlich handelte es sich um eine Scheune.

8. Wohnturm (Vorderburg)
Bereits an der Qualität der verwendeten Quader fällt der Unterschied zum restlichen Mauerwerk der Vorderburg ins Auge. Die ca. 11,6 m messenden geschützten Hofseiten aus Glattquadern besitzen die gleiche Dicke (1,7 m) wie die von der Ringmauer gebildeten wehrhaften Außenseiten aus Buckelquadern. Dies lässt auf einen Wohnturm schließen. Dessen Mauern waren nicht einfach zweischalig, mit Geröll gefüllt und dann mit Mörtel ausgegossen worden, sondern aufwändig im sogenannten Fischgrätverband (opus spicatum) ausgemauert. Der Bau besitzt nach Norden im EG einen rundbogigen Eingang aus perfekt gearbeiteten großen Glattquadern. Nach Süden und Osten existieren schmale Lichtschlitze mit oben dreieckig abschließendem Sturz. Der Eingang des Obergeschosses lag im Westen. Weiss konnte bei den Ausgrabungen alle seine Teile im Schutt sicherstellen. Ein noch an Ort und Stelle verbliebener Kragstein der Geschossdecke verhalf, das einstige Niveau der Tür richtig zu rekonstruieren. Gefundene Teile von romanischen Fenstern, ähnlich denen des Palas der Mittelburg, weisen auf die gleiche Bauzeit hin und belegen die Nutzung des Gebäudes als Wohnbau.

9. Vorgängerbau (Vorderburg)
Im Inneren des Wohnturmes fand man die Reste seines Vorgängers, dessen Hofmauern mit 8 bis 9 m Länge seine deutlich bescheidenere Größe aufzeigten. Auf den Außenseiten haben sich noch drei bis vier seiner Quaderschichten erhalten. Im Gegensatz zum darüber befindlichen Mauerwerk besitzen sie keine Bossen. Vermutlich handelte es sich bei dem Gebäude ebenfalls um den Hauptwohnbau der ersten Burg, welcher zusammen mit ihr im frühen 12. Jh. unterging.

10. Erster Abschnittsgraben (Vorderburg)
Er ist vermutlich der älteste der fünf Halsgräben der Eberbacher Burganlage. Sein Nordrand wurde beim Ausbau zur Grafenburg verändert. Die Mittelburg, deren Südspitze nur ca. 8 m von der Vorderburg entfernt ist und etwa 4 m tiefer liegt, kann schwerlich – wie teils behauptet – als Gegenburg erbaut worden sein.

11. Haupttor (Mittelburg)
Nur die östliche Laibung des Tores hatte sich noch bis 1,3 m hoch erhalten. Es konnte nicht einmal die Breite des Durchlasses mehr ermittelt werden. Die wenigen aufgefundenen Einzelteile ermöglichten keine Rekonstruktion. Fest steht aber, dass das Baukonzept durch die eingezogene Mauerfront im Gegensatz zum Vorderburg-Tor eine modernere Variante darstellt, wie man sie auch z.B. auf Burg Wildenberg vorfindet.

12. Palas (Mittelburg)
Die Mauern des heute wieder imposant erscheinenden Gebäudes mit knapp 20 m Länge und bis zu 9,2 Breite waren an den meisten Stellen nur noch weit unter 2 m hoch erhalten. Es stand an der Angriffseite der Burg, hatte aber auch mit bis zu 1,8 m die größte Mauerstärke der Umfassung. Zwei Türen im Süden, deren Gewände vollständig ausgegraben wurden, führen zu zwei abgeteilten Räumen im EG. Die einzige weitere Öffnung befindet sich heute auf der Ostseite. Diese war völlig zerstört aufgefunden worden und man hatte aus den nach innen gekippten riesigen Steinen und Konsolen ein Tor rekonstruiert. Ein solches hätte jedoch hier eine üble Schwachstelle bedeutet. Außerdem wären bei einem Tor die Laibungen beim Verfall nach außen kippen müssen. Es handelte sich eindeutig um einen großen offenen Kamin, der diesen Raum als Küche entlarvt. Der deutlich kleinere Raum im Westen könnte den Treppenaufgang zum Obergeschoss enthalten haben. Von dessen Fenstern fand man herrlich gearbeitete Säulen, Basen, Kapitelle und Bogensteine, die diverse Rekonstruktionen ermöglichten. Stilformen und Konstruktionsweise ähneln zum Verwechseln den Arkaden des Palas der Kaiserpfalz Wimpfen aus dem dritten Viertel des 12. Jhs., wenn auch die Verzierungen auf Eberbach bescheidener ausfallen. Ohne Zweifel handelt es sich auch in Eberbach um einen repräsentativen Saalbau, an dem möglicherweise sogar die gleichen Steinmetzen arbeiteten. Schließlich waren die beiden Anlagen auch historisch eng mit einander verbunden.

13. Anbau (Mittelburg)
Im Westen des Palas befindet sich ein kleiner Raum, der nach Süden von einer 0,9 m starken Mauer begrenzt wird, welche in der Flucht der Palas-Fassade verläuft. Dieser Bereich dürfte überdacht gewesen sein und wirtschaftlichen Zwecken gedient haben.

14. Ringmauer (Mittelburg)
Die Stärke der Umfassungsmauer schwankt – abgesehen vom Bereich des Palas – zwischen 1,2 und 1,3 m. Sie war noch durchschittlich 1 m hoch erhalten. Ihr Rücksprung zur Palas-Nordwand zeigt, dass auch hier, wie beim Wohnturm der Vorderburg, ursprünglich eine deutlich stärkere Mauer geplant war. Die kerzengerade verlaufende Südmauer wird in der Literatur teils als schildmauerartig bezeichnet, als Indiz für die Gegenburgtheorie. Genau hier ist sie allerdings am dünnsten und hätte keinesfalls die erforderliche Höhe einer Schildmauer annehmen können.

15. Bergfried (Mittelburg)
Mitten im Hof befinden sich die Reste eines gewaltigen Turmes von fast 11 x 11 m Grundfäche und 3 m Mauerstärke. Damit ist er der zweitgrößte Bergfried im unteren Neckartal. Nur der 12 x 12 m messende, heute noch 50 m hohe Turm der Burg Ehrenberg bei Bad Rappenau-Heinsheim übertrifft ihn. Seine Außenseiten sind mit sorgfältig gearbeiteten Buckelquadern des älteren, bruchrauhen Typs mit schmalen Randschlägen verkleidet, ähnlich denen des Roten Turmes der Kaiserpfalz Wimpfen aus dem späten 12. Jh. Sein Füllmauerwerk weist wieder Fischgrätverband auf. Die qualitätvolle Ausführung ordnet ihn in die gleiche Bauphase ein, wie den Palas und den Wohnturm der Vorderburg. Die Gewände und Bogensteine seines romanischen Eingangs wurden auf der Nordostseite gefunden und wieder aufgerichtet. Man konnte sich an Balkenlöchern in 7,1 m Höhe orientieren, wo einst der Fußboden des Eingangsgeschosses verlief. In der der Vorderburg abgewandten und der Feindseite zugewandten Position der Pforte wollte man wieder einen Hinweis für eine Gegenburg erkennen. Tatsächlich findet sich eine solche Situation auf vielen Burgen. Es hat vielmehr damit zu tun, dass man den Turmeingang so bequem über eine Holzbrücke vom Palas her erreichen konnte. Auch wenn er nicht wie in den meisten Fällen direkt an der Feindseite stand, so konnte der Turm mit seiner anzunehmenden Höhe von wahrscheinlich um die 40 m (falls er jemals fertiggestellt war) praktisch die gesamte Burg decken.

16. Nebengebäude (Mittelburg)
In der Südecke hatte man zwischen Ringmauer und Bergfried nachträglich einen etwa 80 qm großen Bereich durch Mauern vom Burghof abgetrennt. Auch wenn hier keine Ziegelfunde gemacht wurden, kann man davon ausgehen, dass es sich um ein – vielleicht mit Holzschindeln – überdachtes Nebengebäude handelte.

17. Zweiter Abschnittsgraben
Der Halsgraben, welcher beim Bau des Lauffener Stammsitzes angelegt wurde, scheint nie ganz fertig gestellt worden zu sein. Nördlich des Palas blieb noch ein Felsblock stehen, der nördliche Grabenrand steigt nicht steil, sondern terrassenförmig an.

18. Unbebautes Plateau
Auf dem terrassierten Bereich, wo heute die Oswald-Fuchs-Schutzhütte steht, wurden keine Spuren von Bebauung entdeckt. Am Fuß des Plateaus findet man Trockenmauern unbestimmbaren Alters.

19. Dritter Abschnittsgraben (Hinterburg)
In ca. 60 m Abstand zur Mittelburg wird der Bergrücken erneut von einem etwa 8 m breiten, tief einschneidenden Graben unterbrochen. Er sicherte die Südflanke der Hinterburg.

20. Zwinger (Hinterburg)
Der Eingang zur Hinterburg war durch einen kleinen Torzwinger, vermutlich nächträglich gesichert worden. Vorder- und Mittelburg besaßen keine weiteren Wehrmauern außerhalb ihrer Ringmauern, ein Hinweis darauf, dass nur noch die Hinterburg im Spätmittelalter erweitert wurde.

21. Haupttor (Hinterburg)
Vom 2,1 m breiten Tor konnten noch drei Quaderlagen der Laibung aufgedeckt werden. Der Bogen – sicherlich ein romanischer – fehlte. Von besonderem Interesse sind die nach Innen vorspringenden Steine des Sockels (Rad-Abweiser). Sie besitzen kissenförmige Bossen, die ab den 30er Jahren des 13. Jhs. am Neckar aufkommen.

22. Ringmauer (Hinterburg)
Die zumeist nur ca. 1 m starke Umfassungsmauer bildet nahezu ein Rechteck. Nur die Nordwest-Ecke wird durch einen schrägen Verlauf abgeschnitten. Auf den teils nur ein bis zwei Lagen hoch erhaltenen Mauern fand man Schichten aus verkohltem Holz, welche auf die Schleifung der Burg nach 1403 hinweisen. Die übliche Technik bestand aus einer horizontalen Schlitzung der Mauer im unteren Bereich und Absprießung mit Holzbalken. Nach Abbrennen der Sprieße stürzte die Mauer nach außen um. Vor allem auf der Ostseite der Hinterburg fand man mehrere Meter lange Abschnitte, welche noch im Verband flach auf dem Boden lagen.

23. Bergfried (Hinterburg)
Westlich des Tores befinden sich die Reste eines mehr als 8 m über die Flucht der Südmauer hervortretenden Gebäudes. Man hatte es mit einer Grundfläche von knapp 9 x 9 m begonnen, aber bereits in etwa 1,5 m Höhe an den Außenseiten um 0,7 bis 0,8 m eingerückt. Nur zum Hof hin behielt man die Mauerstärke von 2,2 m bei. Bei diesen Abmessungen kann es sich also nur um einen Bergfried gehandelt haben. Der Bodenaufbau des Turminneren lässt auf einen vorübergehenden Baustopp schließen: über Fels und Bauschutt befindet sich eine Schicht Waldboden, welche beim Weiterbau einfach mit einer Lehmschicht überlagert wurde. Balkenkanäle eines hölzernen Ringankers könnten auf eine beschleunigte Fertigstellung hindeuten. Eine weitere Merkwürdigkeit stellt der ebenerdige Zugang im Norden dar – Bergfriede hatten für gewöhnlich Hocheingänge. Der Fund einer Piscina (sakrales Wasserbecken) im Inneren könnte auf eine Nutzung als Kapelle hindeuten. Es stellt sich die Frage, ob der Turm jemals zu Ende gebaut wurde.

24. Südlicher Anbau (Hinterburg)
Gleich neben dem Turmeingang beginnt eine 1,2 m dicke Mauer in Richtung Norden. Etwa mittig wird sie von einer 1,2 m breiten Tür unterbrochen, deren Gewändesteine fehlen. Nach 7,3 m stößt sie stumpf an die Ecke einer Quermauer und erweist sich somit als nachträglich eingebaut. Dadurch hatte man aus einem ursprünglichen Stück Burghof einen knapp 40 qm großen Raum in der Südwest-Ecke der Burg gewonnen, dessen Nutzung jedoch unbekannt ist.

25. Nebengebäude (Hinterburg)
Im Norden folgt ein knapp 12 m langes Gebäude mit 1,6 m breitem Tor zum Burghof, dessen Rundbogen vollständig ausgegraben und wieder aufgerichtet wurde. Im Inneren fand man u.a. Hufeisen und Reitersporen, die auf eine Stall hindeuten. In der Südwand befand sich ein nach außen zeigender Lichtschlitz, welcher ein weiterer Hinweis auf die nachträgliche Erbauung des südlichen Raumes ist. Zum Obergeschoss des Gebäudes führte eine Steintreppe, deren Reste nördlich des Hoftores zu sehen sind. Aufgefundenes Fensterglas und der Teil eines Mühlespieles spricht für ein Wohngeschoss.

26. Nördlicher Anbau (Hinterburg)
Im weiteren Verlauf springt die Hofwand um 1,2 m nach Westen zurück. Hier befindet sich ein weiterer Raum mit 8,3 x 4,4-4,8 m lichter Weite. Durch den Wiederaufbau ist heute kein Zugang erkennbar. Einzige Besonderheit ist ein 0,5 m breites Fach in der Nordwand.

27. Nordwestgebäude (Hinterburg)
Den nördlichen Abschluss bildet ein knapp 30 qm großer Raum mit unbekannter Nutzung.

28. Wohnturm (Hinterburg)
Mehr als die Hälfte der Nordseite der Burg nimmt ein etwa 14 x 12 m großer Bau ein, bei dem es sich zweifellos um das Hauptgebäude der Hinterburg handelt. Nord- und Südmauer weisen eine Stärke von 2 m auf, die Westmauer 1,6 m und die Ostmauer zwischen 2,1 und 1,7 m. Auch dieses Gebäude war auf einer Höhe von 1-1,8 m systematisch niedergelegt worden, im Osten sogar bis zu den Fundamenten. Die beiden Eingänge im Süden sind nicht historisch. Das EG hatte offenbar nur Kellerfenster. Der Rundbogen des östlichen Eingangs wurde aus dem Schutt im Hof direkt beim Gebäude geborgen und gehörte zu einem Hocheingang, dessen Höhenniveau nicht mehr ermittelt werden konnte. Im Osten entdeckte man ein zusammenhängendes Mauerstück mit fünf rundbogigen Schlitzfenstern. Weiss riet dazu, es nicht wieder aufzurichten, da seine Position nicht ermittelt werden konnte. Später hat man es schließlich doch in einer Weise getan, die äußerst fraglich erscheint. Bereits die Mauerstärken zeigen, dass es sich um einen turmartig Bau gehandelt haben muss. Noch deutlicher wird dies durch die Tatsache, dass man sogar auf dem Plateau jenseits des vierten Abschnittsgrabens noch Werksteine des Gebäudes fand. Selbst wenn die Nordwand beim Schleifen der Burg in gerader Linie, ohne zu Kollabieren, umgestürzt wäre, ist also von einer Höhe von mindestens 20 m auszugehen. Es kann sich also nur um einen Wohnturm gehandelt haben.

29. Vierter Abschnittsgraben (Hinterburg)
Auch im Norden war die Hinterburg durch einen etwa 15 m breiten, 8 m tiefen Halsgraben gesichert, der sich im Osten in geringerer Dimension fast bis zum dritten Abschnittsgraben erstreckte.

30. Unbebautes Plateau
An die Hinterburg schließt sich nach Norden ein weiteres planiertes Plateau an, auf dem keine Spuren von Gebäuden entdeckt wurden.

31. Wall
Auf dem Plateau zeugt ein Wall von einer weiteren Befestigungsmaßnahme der Eberbacher Burganlage. Ein erstes Annäherungshindernis für anrückende Feinde.

32. Fünfter Abschnittsgraben
Ein etwa 10 m breiter und 7 m tiefer Halsgraben bildet den nördlichen Abschluss des in der Gesamtheit etwa 220 m langen Burgenkomplexes.

 
weiterführende Literatur:

Nicolai Knauer: Baugeschichte der Burg(en) Eberbach, Teil 1, in: Eberbacher Geschichtsblatt 2003, S. 106-128, Eberbach 2003.
Nicolai Knauer: Baugeschichte der Burg(en) Eberbach, Teil 2, in: Eberbacher Geschichtsblatt 2004, S. 53-76, Eberbach 2004.
Nicolai Knauer: Die rätselhafte Burg Ohrsberg, in: Eberbacher Geschichtsblatt 2006, S. 26-37, Eberbach 2006.
Rüdiger Lenz: Burg Eberbach – eine staufische „Burgenkette” auf der Burghälde?, in: Eberbacher Geschichtsblatt 2003, S. 86-106, Eberbach 2003.
Hansmartin Schwarzmaier: Geschichte der Stadt Eberbach am Neckar, Band 1, Sigmaringen 1986.